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1. Teil 2 - S. 31

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 31 — scheu aus. Da verließen die Familien van Laer, Wilmans und Crevin ihres Glaubens willen ihr Vaterland und suchten sich in der Fremde eine neue Heimat. Sie siedelten sich in Bielefeld an und trieben einen schwunghaften Leinenhandel. Im 16. Jahrhundert beherrschten sie den gesamten Leinenhandel Bielefelds, und noch in späterer Zeit nahmen sie in der Kaufmannschaft eine bedeutende Stellung ein. Es ist wahr- scheinlich, daß sie einige holländische Weber nach Bielefeld brachten und so die Herstellung der holländischen oder „kleinen Leinwand" hierhin verpflanzten. Noch heute leben Nachkommen der Familie van Laer in nnsrer Stadt, und den Namen Crevin lesen wir noch am Crüwellhause. Im 17. Jahrhundert waren fast alle Bauern Ravensbergs Eigenhörige des Landesherrn, des Adels oder der Geistlichkeit. Die Heuerlinge und kleinen Leute, die vom Ackerbau allem uicht leben konnten, spannen und webten. Wohl in jedem Hause schnurrte das Spinnrad und klapperte der Webstuhl. Der zum Spinnen nötige Flachs wurde im Lande angebaut. Noch gegen Ende des 18. Jahr- Hunderts wurden auf städtischem Ackerlande jährlich ungefähr 5000 Fuder Flachs gewonnen. Heimische oder fremde Händler kauften auf dem Markte der Stadt oder bei den Landleuten das Garn auf. Der Ausfuhrhandel nach Elberfeld, nach dem Westen und Osten war bedeutend. Der Dreißigjährige Krieg mit seinen vielen Heim- suchungen der Grafschaft Ravensberg wirkte nachteilig auf die Eut- Wicklung der Leinenindustrie ein. Der Große Kurfürst suchte dem da- niederliegenden Gewerbe aufzuhelfen. Er legte „Leinenleggen" an. In Bielefeld war die Legge am Altstädter Kirchplatz. Hier wurde das Leinen auf die „Leggebank" (Meßtisch) gelegt, gemessen, geprüft und gestempelt. Es durste nur gestempelte Leinwand gebleicht und verkauft werden. Auf diese Weise sollte nur wirklich gute Ware in den Handel kommen und für den Absatz des bäuerlichen Webers gesorgt werden. Im 18. Jahrhundert suchte man den Handel auf die in den „accis- baren Städten" wohnenden Kaufleute zu beschränken. Sie wurden durch den ergiebigen Handel reich und mächtig. Die meist auf dem flachen Lande wohnenden Weber aber hatten durch teure Zeiten und den Siebenjährigen Krieg viel zu leiden. Sie gerieten in Armut und oft in Abhängigkeit von den Kaufleuten. 1757 plünderten die Fran- zofen die Bielefelder Bleichen und brachten dadurch den Leinenhandel dem Untergange nahe. Siehe Seite 139ff. Friedrich der Große befreite die Leinenkaufleute, Bleichmeister und Knechte vom Kriegsdienste und suchte durch Verfügungen die Güte des Garns und des Leinens zu heben. Der Leiuenhandel erholte sich bald wieder, und so sehen wir 1787 14 große Bleichen vor Bielefeld, auf denen mindestens 300 Arbeiter tätig waren. Während man in der früheren Zeit die Leinwand auf den holländischen Bleichen bei Haarlem bleichen ließ, wurde jetzt alles im Lande gebleicht. Damit sparte man jährlich an Bleichlohn und Unkosten 14 400 Taler. 1787 wurde der Leiuenhandel in Bielefeld

2. Teil 2 - S. 107

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 107 — und errichteten später in Sizilien und Unteritalien das Normannenreich, an das uns noch heute manch trotziger Turm an den Gestaden des Mittelmeers erinnert. 67. Die Franken im Sachsenlande. arl der Große führte oiele Sachsen nach dem heutigen Belgien fort und siedelte in nnsrer Gegend Franken aus der Eifel auf ausgesonderten Gebieten au. Er errichtete fränkische Burgen und Wachtposten und belegte sie mit fränkischen Kriegern. Der Leichen- Verbrennung machte er eiu Ende. Seit jener Zeit haben wir bei uns keine reiu germanische Bevölkerung mit blondem Haar, weißer Haut und blauen Augen mehr. Heute siud in der Grafschaft Ravensberg von 100 Personen nur 42 blauäugig, blondhaarig und weißhäutig. s 68. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in sriihfteschichtlicher Zeit. ie wir früher gehört haben (S. 104), wohnten vor den Germanen in unfern Gegenden die Kelten. Als die Germanen das Land eroberten, setzten sie sich in den Besitz der Höse der gefallenen oder vertriebenen Edelinge und bildeten den Krieger- oder Herrenstand im Lande. Die unterworfene, eingesessene Bevölkerung, die friedlicher Beschäftigung nachging, Vieh züchtete und den Acker bebaute, wurde zu Abgaben von den Früchten des Feldes und den Tieren ihrer Herden gezwungen und hatte den Siegern allerhand Dienste zu leisten. Sie bildete den Stand der Hörigen. Das Herrenvolk der Germanen be- stand aus gleichberechtigten, freien Männern. Aus den Nachkommen derer, die sich durch Klugheit und Tapferkeit im Kriege auszeichneten, erwuchsen uach und nach die Geschlechter der Edelinge oder der Adel. Neben dem Adel und den Gemeinfreien gab es noch unfreie Knechte. Es waren Kriegsgefangene, die zu Knechtsdiensten verwendet wurden. Diese Verhältnisse, die sich bei den nm Christi Geburt hier wohnhaften Cheruskern schon entwickelt hatten, erhielten sich jahrhundertelang und bestanden auch uoch bei den Sachsen, als Karl der Große sie mit Krieg überzog. &

3. Teil 2 - S. 115

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 115 — Pforte und auf der Südseite in der Nähe von Starkes Mühle gegen die Neustadt hin das Brocktor, das man in späterer Zeit das Brücken- tor nannte. 76. „Stadtluft macht frei." ^Wku die junge Stadt strömten von allen Seiten Einwandrer. Gmv Herrschten draußen ans dem flachen Lande Hörigkeit, drückende Lasten und Unsicherheit, so war es in der Stadt ganz anders. Was winkte dort nicht alles! Da war Freiheit, Sicherheit und Schutz des Stadtfriedens, Stadtgericht und Teilnahme jedes Bürgers oder des Bürgerausschusses am Gericht! So war es nicht zu verwundern, daß ganze Scharen höriger Leute einwanderten; denn „Stadtluft macht frei!" Sie wurden von der Stadt bereitwillig aufgenommen und er- hielten uach Jahr und Tag die Freiheit, wenn sie nicht von ihrem Herrn in dieser Zeit zurückgefordert wurden. Weil die Stadt darauf be- dacht war, möglichst viel Einwohner zu erhalten, trat sie für die eingewanderten Hörigen ein und suchte sie in ihrem Bestreben nach Freiheit zu unterstützen, so daß sogar blutige Streitigkeiten die Folge waren. „Stauden doch einstweilen die einwandernden Hörigen unter dem Schutze des Stadtfriedens und wurden von den Bürgern selbst vor Gewalt geschützt. Die nachfolgenden Herren mußten daher ihr Recht bei Gericht und zwar beim Stadtgericht geltend machen, und meistenteils mit zwei bis sieben ihrer Verwandten beweisen." Die Einwandrer bekamen in der Stadt eine Stätte, aus der sie ihre Wohnung errichten konnten. Dafür hatten sie an den Stadtherrn, den Grafen vou Ravensberg, eine jährliche Abgabe, das Wort- g e l d, zu zahlen. Außer Haus und Hof in der Stadt bekam der Bürger als Sondereigentum ein Stück der geteilten Feldmark und das Recht der Mitbenutzung der gemeinen Mark. Jeder Bürger durfte seiue Kühe auf die Gemeindeweide, seine Schweine in die Gemeindewaldungen treiben und hatte ein Mitanrecht auf das Holz der Gemeindewälder. Das vor den Toren gelegene Stadtgebiet war durch Hecken und aufgeworfene Gräben, sogenannte Landwehren, von dem flachen Lande getrennt. 77. Die Entstehung der Neustadt-Bielefeld Mdls durch die schnelle Ansiedlnug iu der Stadt alles Laud auf- geteilt war, fanden neue Einwandrer keinen Raum mehr für einen eignen „Rauch". Sie wurden darum vor der Stadt, jenseit des Niedernbrock nach dem Sparenberge zu, augesiedelt. Hier lagen wahrscheinlich schon in alter Zeit einige Höfe. Sie werden jedenfalls 8*

4. Teil 2 - S. 116

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 116 — die Anknüpfungspunkte der neuen Siedelnng gewesen sein. Im Laufe des 13. Jahrhunderts haben sich hier dann soviele Leute angesiedelt, daß wir schon am Ende des Jahrhunderts von einer neuen Stadt, der N e u st a d t, reden hören. Sie entstand zwischen dem Bohnenbach und dem Sparenbergc und war zuerst mit der Altstadt Bielefeld kirchlich und politisch ver- einigt. Sie trennte sich vielleicht schon 1278 als besondres Kirch- spiel von der Altstädter Gemeinde. Im Jahre 1292 stiftete Otto Iii. die Kapitelkirche von St. Marien, die heutige Neustädter Kirche, und stattete sie reich mit Vorrechten und Schenkungen aus. Noch 1236 besaß die Altstadt nur eine Kapelle, die St. Nikolauskapelle au der Niedernstraße, die nicht einmal einen eignen Priester hatte. Die Kirche zuheepeuwar diemutterkirche und vou hier kam auch der Priester, um in ihr Gottesdienst zu halten. Erst 1236 wurde sie von Heepen abgelöst. Im Heepener Kirchenbuch heißt es: „Anno 1236 is de Kiärke sünte Nicolaus up der Oldenstadt Bilvelde affgesünnert von der Kerken tho Heepen met Vulborde des Hochwürdigen in Godt ]iiscop Bernhard tho Paderbornem." Als Entschädigung hatte jede Familie Bielefelds dem Leutepriester von Heepen sovü'l Pfennige zu geben als sie Mitglieder hatte. Wenn noch nicht 60 Jahre später die Neustadt eine eigne Kirche besaß, so ist daraus zu erkennen, wie schuell sie gewachsen sein muß. Am Anfang des 14. Jahrhuuderts wurde sie auch politisch selbständig. Seit 1329 hatte sie einen eignen Bürgermeister, einen eignen Richter und Rat. Die Verfassung und Verwaltuug der Neustadt stimmten mit denen der Altstadt überein. Auch sie wurde, wie die ältere Schwesterstadt, befestigt. Nur nach dem Sparenberge zu fehlten Wall und Graben. Hier schloß eine Mauer ihr Gebiet ein. Erst 1520 wurden Altstadt und Neustadt wieder ver- einigt und e i n Rat und e i n Bürgermeister für beide Städte ein- gesetzt. Herzog Johann 1. bestätigte die Neuregelung. @ 78. Die Bürgerschaft Bielefelds ie Alteingesessenen Bielefelds trieben Ackerbau und Viehzucht. Ihre Vorfahren hatten fchon als Freie oder Hörige in den Dorfmarkgenossenschaften derselben Beschäftigung obgelegen. Wer von ihnen im Besitz einer eignen Feuerstätte war, d. h. wer Haus und Hof in der Stadt besaß und daselbst wohnte, der war vollberechtigter Bürger. Außer ihnen waren auch alle Eiugewauderteu, die Haus und Hos erworben hatten, im Besitz des Bürgerrechts. Frauen und unverheiratete Kinder aber erhielten das Bürgerrecht nicht. Zu den Bürgern der Stadt gehörten auch Burgmauueu und Diener des Grafen, die ihren Herrn zu Pferde in Kampf und Streit begleiten mußten. Sie wvhnten in großen, oft von Mauern umgebenen Höseu,

5. Teil 2 - S. 141

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 141 — kam der nördliche Teil Ravensbergs zu Frankreich, so daß Halle, Werther, Versmold, Borgholzhausen französisch wurden, Bielefeld, Brackwede, Heepen, Herford und Vlotho bei dem Königreich Westfalen blieben. Hessel, Johannisbach, Aa, Werra und Weser bildeten die Grenze. Die Verwaltung wurde nach französischem Muster eingeführt. Auch das Gerichtswesen wurde neu geordnet. Als Gesetzbuch galt der Code Napoleon. Zu Verwaltungsbeamten und Richtern nahm man Deutsche. Die Leibeigenschaft der Bauern wurde aufgehoben. Große Unzufriedenheit und Erbitterung erregten die vielfachen Abgaben, die der verschwenderische Jerome verlangte. Dazu kamen noch die Geld- forderungen Napoleons. Das Königreich Westfalen sank in große Schuldenlast, und der Wohlstand seiner Bewohner wurde untergraben. Noch verhaßter als die hohen Steuern und Abgaben waren bei den Bewohnern die Aushebungen zum Kriegsdienst. Mancher junge Mann aus Bielefeld, der unter Napoleons Fahnen im fernen Spanien oder Rußland kämpfen mußte, kehrte nicht wieder in seine Heimat zurück. Da war es begreiflich, daß man sich der Aushebung zu entziehen suchte. Einmal rotteten sich die Bauern in den umliegenden Dörfern zu- sammeu, um sich dem Befehle Napoleons zu widerfetzen. Am Sonn- tage vor den Fasten 1898 hatte die Polizei den Auftrag erhalten, alle waffenfähigen Männer nach dem Gottesdienst vor der Kirche anfzn- greifen. Es kam zu einer Schlägerei, und die Polizei mußte sich zurückziehen. Als nun in Schildefche, in Dornberg und Werther die jungen Leute in den Häusern sestgenommen werden sollten, bewaffneten sich die Bauern mit Dreschflegeln, Senfen und Heugabeln und zogen vor Bielefeld. Auf die Kunde vom Herannahen des Militärs ent- fernten sie sich und rotteten sich wieder bei Werther zusammen. Hier wurden sie von Ulanen zerstreut und die Dienstpflichtigen mit Gewalt eingezogen. Vor Weihnachten 1808 setzten sich Ravensberger Bauern aus Heepen mit Blücher und dem Major Schill in Verbindung, um vou ihnen zu erfahren, wann man ans eine Befreiung vom französischen Joche rechnen könne. Von Schill bekamen sie die Nachricht, daß man im Frühjahr 1809, wenn die Flüsse aufgetaut seien, losschlagen würde; auch gab er ihrem Boten mehrere Briefe mit. Auf der Heimreise wurde der Bote aber an der Elbe verhaftet und zu einem Geständnis gebracht. Vielleicht wurde Schill durch diese Entdeckung mit bewogen, Berlin zu verlassen und auf eigene Faust seiue vollständig gescheiterte Erhebung, bei der er seinen Tod fand, zu wagen. Als man in Kassel die Sache erfuhr, wurde eine strenge Untersuchung veranstaltet und 32 Land- leute aus Bielefelds Umgegeud verhaftet. Obgleich man ihnen nichts beweisen konnte, hielt man sie längere Zeit in Haft. Auch in der Schillschen Schar waren Offiziere und Mannschaften aus der Grafschaft Ravensberg. Die gefangen genommenen Ravens- berger wurden von den Franzosen erschossen.

6. Teil 2 - S. 27

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 27 — nahmen in die Bücher oder müssen Geschäftsbriefe und Adressen schreiben. Die Lehrlinge bringen die Briefe zur Post, die Packer packen die Pakete und der Fuhrmann fährt sie zur Post oder zur Bahn. Vergleicht eine Fabrik mit einer Werkstätte! Wie sieht es mittags vor dem Fabriktore aus? Wie am Feierabend? m 17 Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Familienwirtschast oder die geschlossene Hauswirtschaft. n der alten Zeit waren alle wirtschaftlichen Verhältnisse unendlich einfacher als heute. Da war jede Familie aus sich selbst gestellt. Es war die Zeit der Familienwirtschaft oder der geschlossenen Hans- Wirtschaft. In ihr war jeder Tausch oder Kauf ursprünglich unbekannt. Alles, was im Haushalte gebraucht wurde, mußte iu der eignen Familie hergestellt werden. Eine solche Wirtschaft war abhängig von dem Boden, über den sie verfügte. Auch war die Familie größer als heute. Es gehörten zu ihr mehrere Geschlechter blutsverwandter Per- sonen, die oft noch durch Sklaven und Hörige vermehrt wurden. Ge- meinfchaftlich bebauten sie den Acker, schössen das Wild des Waldes und Feldes, singen Fische, hielten Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine und trieben Bienenzucht. Alle Bekleidungsgegenstände, Haus- und Wirtschaftsgeräte wurden im Hause verfertigt. Jeder Bauer war sein eigner Maurer, Tischler, Zimmerer, Stellmacher, Spinner, Weber, Schneider usw. Bis auf den heutigen Tag haben sich in abgelegeneren ländlichen Gegenden Überreste der alten geschlossenen Hauswirtschaft erhalten. Noch jetzt finden wir dort Bauern, die ihre eignen Maurer, Tischler, Zimmerleute, Holzschuhmacher und oft auch Schmiede siud. In dieser Zeit gab es noch keinen eignen Handwerker- stand, keiueu Preis und keinen Arbeitslohn. Die Stadtwirtschaft. Ganz allmählich trat eine Wandlung ein. Auf den Höfen großer Grundbesitzer wurde mehr erzeugt als verbraucht werden konnte. In den entstehenden Städten und oft auch auf dem Laude aber reichte der Grundbesitz der einzelnen Familie nicht mehr aus, alle Lebens- bedürsnisse derselben hervorzubringen. Damit ging die ursprüngliche Selbständigkeit der Einzelwirtschaft verloren. Nach der Stadt brachte der Bauer den Überfluß seiner Wirtschaftserzeugnisse und tauschte ihn dort gegen das ein, was er nicht mehr selbst erzeugen konnte. Das Handwerk entwickelte sich mehr und mehr, und die Stadt wurde der Sitz der Gewerbe und der Märkte. An die Stelle der geschlossenen Hans- Wirtschaft trat die Austauschwi.rtschast, die ihren Hauptsitz iu der Stadt

7. Teil 2 - S. 108

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 108 — 69, Die srühzeitlichen wirtschaftlichen Verhältnisse. M11 den ältesten Zeiten waren die Germanen Hirten. Mit ihren Herden zogen sie von einem Weideplatz zum andern. Der ein- zelne Germane hatte kein andres Eigentum als sein Vieh, seine Waffen und die Habe, die er iu seinem Wagen mitführte. Nur dies und oie „Gerade", die besonderen Ausstattungsgegenstände der Frau, wurden oererbt. Das Weideland dagegen gehörte der gesamten Völkerschaft. Als die Kopfzahl wuchs, zwang die eintretende Weidenot die Germanen zum Anbau des Landes und damit zur Ansiedelung. Sie wurden seßhaft und^siedelten sich in größeren Familienoerbänden, in Sippen, an. Jede ^?ippe bearbeitete ursprünglich gemeinschaftlich ihre Siede- luugsstätte, d. h. gemeinsam rodete sie den Wald und bebaute das Feld. Der Ertrag der Erute wurde unter die einzelnen Familien oerteilt. So bildete die Sippe eine Wirtschastsgemeiude oder eine M a r k g e n o s s e n s ch a s t. Die vielen Reibereien und Streitig- leiten, die aus der gemeinschaftlichen Arbeitsweise entstanden, führten zur Verteilung des Landes. Jeder Krieger bekam eine Hofstelle nud das Anrecht auf eine bestimmte Strecke Land. Beides bildete die germanische Hufe. Bis um das Jahr 600 waren die Hnfe Eigentum der Genossenschaft. Jetzt erst bildete sich das Sondereigen- tum heraus. Wald, Heide und See der Markgenossenschaft war allen Markgenossen gemein. In ihnen durften sie jagen, Holz schlagen, das Vieh weiden und sischen. Auch durste jeder iu dem unbebauten Wald- besitze roden. Der Übergang der Hufe in den Besitz des einzelnen Freien und das Recht der freien Rodung in der „gemeinsamen Mark" führte eine große Verschiedenheit im Gruudbesitz herbei. Durch Teilung der Hufe unter mehrere Söhne entstanden kleinere Höfe und ärmere Bauern. Fleißige und tüchtige Leute aber verstanden es, durch Roden ihren Besitz bedeutend zu oergrößern. So wurden die alten, einheitlichen Verhältnisse in den Mark- oder Dorsgenossenschasten aufgehoben. Es bildete sich ein bedeutender Gruudbesitz neben den altgermanischen freien und den ärmeren Bauern. Der reiche Grundbesitzer gewann Ansehen, Macht und Rechte. Weil er seinen ganzen Besitz nicht selbst bearbeiten konnte, gab er kleinere Teile zur Bewirtschaftung an hörige Leute aus, die dafür Zius zahlen und Dienste leisten mußten. Je größer der Gruudbesitz eines Mannes, je zahlreicher die Schar seiner hörigen Leute war, desto mehr wuchs sein Bestreben, seine Macht zu mehren. Auf dieser Grundlage erwuchsen nach und nach durch Ge- wiuuuug des Rechts der Gerichtsbarkeit und der Heerführnng, d. h. der Grafenrechte, selbständige Landesherren.

8. Teil 2 - S. 112

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 112 — hundert tritt ihr Name zum erstenmal auf, und um 1200 war Graf Hermann von Ravensberg Herr der Grafschaft. Er war vom Bischof von Paderborn mit dem Paderborner Besitz in Bielefeld belehnt worden. Durch ihn wurde Bielefeld zur Stadt erhoben, d. h. der offene Ort wurde befestigt. Wann das geschah, ist nicht bekannt, wahr- scheinlich aber in der Zeit von 1210 bis 1214. Was für Beweggründe den Grafen Hermann bestimmten, Bielefeld zur Stadt zu 'machen, wissen wir ebenfalls nicht. Er fetzte, wie sein Nachkomme, Gras Otto von Ravensberg, es in einer Urkunde vom Jahre 1287 bestätigte, die Stadt Bielefeld in Freiheit. Diese Freiheit aber war für das 'Wachs- tum des Ortes von der größten Bedeutung. Sie bedeutete die persön- liche Freiheit aller Stadtbewohner, sie gab ihnen das Recht der freien Verehelichung und der Freizügigkeit. Die Befreiung von der Hörig- keit hob aber die Abgaben und Leistungen an den Grundherrn nicht ans. Es leisteten also die srüher im Hörigkeitsverhältnisse gestandenen Bürger ihre Abgaben auch fernerhin an ihren früheren Herrn, z. B. an den Grafen von Ravensberg, die Abtei zu Herford oder die Klöster zu Marienfeld und Clarholz. 0 74. Bielefeld erhielt das Mnnstersche Stadtrecht. it der Befreiung von der Hörigkeit erhielten die Bürger Viele- felds gleichzeitig das Stadtrecht von Münster. Es enthielt Vorschriften über die Aufnahme neuer Bürger und bestimmte, üaß kein Unfreier iu die Bürgerschaft gegen den Willen seines Herrn auf- genommen werden dürfe. Wohnte aber ein Eigenhöriger Jahr und Tag iu der Stadt, ohne von seinem Herrn zurückgefordert zu sein, dann war er frei geworden. Außerdem enthält das Stadtrecht noch Be- stimmuugen über die Gütergemeinschaft in der Ehe und über das Erb- recht. Es setzte die Strafen sür Bergehen und Verbrechen aller Art fest und bestimmte, daß die Einnahmen des Gerichts zur Hälfte dem Richter und zur Hälfte der Stadt zufallen sollten. Mit dem Stadtrecht erwarben die Bürger das Recht, einen st ä d t i s ch e n M a g i st r a t zu wählen. Er bestand aus 12 Männern, die zuerst mit dem Namen Schössen bezeichnet wurdeu. Späier nannte man sie auch Ratmannen. Die Körperschaft der Ratmannen beriet über das Wohl und Wehe der Vaterstadt. Sie ist keine Neu- erscheinuug, sondern schon in der Dorfmarkgenossenschaft treten uns die Schöffen entgegen. Sie übernabmen die Verwaltung der Stadt und sprachen Recht. Es entstand ein Stadtgericht, dem alle Bürger unterworfen waren, sie mochten „innerhalb oder außerhalb der adeligen Höfe und Häuser" wohnen. Welche Bedeutung das Stadtgericht schon bald erlangte, ersehen wir aus der Urkunde des Grafen von Ravens- berg vom Jahre 1287, in der es heißt: „Sollte irgend jemand von den Bürgern sich gegen uns oder unsre Erben ein Vergehen zu Schulden

9. Teil 2 - S. 117

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 117 — wie wir sie noch heute in nnsrer Stadt finden. Noch jetzt erinnert die Ritterstraße an jene adligen Diener des Grafen, und die Eintracht und die Besitzung des Spediteurs Heller, Ritterstraße 47, sind alte adlige Hofe. An der Kreuzstraße fiudeu wir noch den Hof der Frei- Herrn von Spiegel, der im Besitz der Familie Wessel ist (s. Seite 44, 1. Teil), den Hof derer von Busche, frühere 1. Mädchen-Bürgerschule, den von Closterschen Hof (Kreuzstraße 26) und den Alemanschen Hof, die Besitzung des Arbeiter-Bildungsvereins, Außer auderu fiudeu wir in der Hagenbrnchstraße, der Obern- straße und der Breiten Straße noch alte Ritterhäuser und adlige Hose. Drittens gab es in Bielefeld noch solche Einwohner, die keinen Grundbesitz nebst Markbenutzuug besaßen. Sie hatten sich auf dem Grund und Boden andrer Bürger angesiedelt und wurden dadurch deren Schutzhörige oder Hintersassen. Als Hintersassen oder Schutz- hörige eines Bürgers oder der Gemeinde selbst haben sie zur Stadt- gemeiude, weun auch nur mittelbar, gehört. „Allmählich schwand aber, wie jede Spur eines Hörigkeitsverhältnisses in der Stadt, so auch dies ursprüngliche Schutzverhältnis, und sie wurden unmittelbare Ange- hörige der Gemeinde, im weiteren Sinne des Wortes selbst Gemeinde- glieder. Man nannte sie dann, um sie von den eigentlichen Bürgern zu unterscheiden, Beisassen oder Schutzverwandte oder Einwohne r." Sie besaßen kein volles Bürgerrecht, konnten nicht gewählt werden und dursten uicht wählen, waren aber auch weder dienst- noch stener- pflichtig. K 79. Die Beschiiftiglmgszweige der Bürger. igddie Hauptbeschäftigung der Bürger war, wie es noch heute in kleinen Ackerstädten der Fall ist, Ackerbau und Viehzucht. Jeder vollberechtigte Bürger bebaute seinen Acker in der Feldmark und trieb sein Vieh aus die gemeinschaftliche Weide. Allmählich aber veränderten sich die Verhältnisse. Die gemeine Mark wurde uach und uach an die Bürger verteilt, da man fand, „daß sie sich bei der Nähe der reich gewordenen Stadt besser als zur Viehzucht verwenden ließe." Da- durch wurde die Viehzucht zum Teil unterbunden, da eine Stall- fütteruug wie in der heutigen Zeit nicht bestand. So schwand denn auch die Feldwirtschaft mehr und mehr, und Gärten entstanden vor den Toren, wo früher die Felder sich erstreckten. Die Einwohner Bieleselds, die nicht im Besitz von Grund und Boden waren, konnten keinen Ackerbau treiben. Der sich ent- wickelnde Marktverkehr, der sie angelockt hatte, bot ihnen reichlich Ge- legenheit zu andrer Beschäftigung. Sie wandten sich denn auch dem Haudel und dem entstehenden Handwerk zu. „So wurde die Stadt mehr und mehr Sitz des Gewerbewesens und des damit verbundeneu Geldvermögens. Handel und Wandel ward zu städtischer Nahrung,

10. Teil 2 - S. 123

1913 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 123 — 83. Das Franziskanerkloster. oit der Obernstraße führt über den kleinen, von Linden be- standenen Platz an der katholischen Kirche unter einem Bogen hindurch der Weg nach dein Klosterplatz. Die heutige katholische Kirche war bis zum Jahre 1829 eine Klosterkirche, und am Klosterplatz lagen die Klostergebäude, von denen heute noch einige erhalten sind. Über 300 Jahre" haben hier fleißige Franziskanermönche gewohnt. Ur- sprünglich befand sich ein kleines Kloster auf dem Jostberge, in dem seit 1353 von Augustinermönchen Gottesdienst gehalten wurde. Int Laufe des 15. Jahrhunderts verließen sie das Kloster, und bald darauf siedelten sich Franziskaner dort an. Sie erhielten ein neues Heim mit einem Kirchlein im schattigen Hochwalde des Jostberges. 1502 bezogen sie es. Aber den Mönchen behagte es dort oben nicht; denn im Sommer fehlte das Wasser, und im Winter litten sie unter der Kälte. Sie sehnten sich in die Stadt. Der Freiherr v. Mendt auf Holtfeld schenkte ihnen die Hälfte feines Hofes int Hagenbruch und auch die Herren von Quernheim gaben ihnen Grund und Boden. Schnell wuchsen die Klostergebäude empor, und im Jahre 1511 zogen die Mönche ein. Sie gehörten zu den Observauten, einem Zweige des Franziskanerordens, und danach wurde ihre Kirche auch Obfervanten- kirche genannt. Es wohnten ungefähr 30 Mönche in dem Kloster. Kloster und Mönche durften kein Eigentum habeu, und so mußten sich die Mönche durch ihrer Hände Arbeit oder den Bettel ernähren. 1829 wurde das Kloster unter dem Oberpräsidenten Freiherrn v. Vincke aufgelöst. Die Mönche verließen Bielefeld und fnchten in andren Klöstern Unterkunft. Viele angesehene Familien und Mönche wurden in der Klosterkirche beigesetzt. Später begrub mau die Mönche ans dem kleinen schattigen Platze vor der Kirche an der Obernstraße. 84. Die Inden in Bielefeld. ^^Wchon in früher Zeit siedelten sich Inden in Bielefeld an. 1370 erhielten sie vom Herzog Wilhelm von Jülich einen Schutzbrief, in dem ihnen Schutz des Lebens und Sicherheit des Eigentums ver- bürgt wurde. Die Juden durften keinen Grundbesitz erwerben, kamen also auch uicht in Besitz des vollen Bürgerrechts. Sie standen nicht wie die Einwohner unter dem Stadtfrieden, fondern unter dem unmittel- baren Schutz des Landesherrn, für den sie jährlich ein bestimmtes Schutzgeld au den Grafen von Ravensberg zahlen mußten. Sie trieben Handel und Geldgeschäfte. Weil die Kirche den Geldhandel den Christen untersagte und die Juden hohe Zinsen nehmen dursten, er- warben sie bald große Reichtümer. Wie bedeutend ihr Gewinn war,
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