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scheu aus. Da verließen die Familien van Laer, Wilmans und Crevin
ihres Glaubens willen ihr Vaterland und suchten sich in der Fremde
eine neue Heimat. Sie siedelten sich in Bielefeld an und trieben einen
schwunghaften Leinenhandel. Im 16. Jahrhundert beherrschten sie den
gesamten Leinenhandel Bielefelds, und noch in späterer Zeit nahmen
sie in der Kaufmannschaft eine bedeutende Stellung ein. Es ist wahr-
scheinlich, daß sie einige holländische Weber nach Bielefeld brachten und
so die Herstellung der holländischen oder „kleinen Leinwand" hierhin
verpflanzten. Noch heute leben Nachkommen der Familie van Laer
in nnsrer Stadt, und den Namen Crevin lesen wir noch am
Crüwellhause.
Im 17. Jahrhundert waren fast alle Bauern Ravensbergs
Eigenhörige des Landesherrn, des Adels oder der Geistlichkeit. Die
Heuerlinge und kleinen Leute, die vom Ackerbau allem uicht leben
konnten, spannen und webten. Wohl in jedem Hause schnurrte das
Spinnrad und klapperte der Webstuhl. Der zum Spinnen nötige
Flachs wurde im Lande angebaut. Noch gegen Ende des 18. Jahr-
Hunderts wurden auf städtischem Ackerlande jährlich ungefähr 5000
Fuder Flachs gewonnen. Heimische oder fremde Händler kauften
auf dem Markte der Stadt oder bei den Landleuten das Garn
auf. Der Ausfuhrhandel nach Elberfeld, nach dem Westen und Osten
war bedeutend. Der Dreißigjährige Krieg mit seinen vielen Heim-
suchungen der Grafschaft Ravensberg wirkte nachteilig auf die Eut-
Wicklung der Leinenindustrie ein. Der Große Kurfürst suchte dem da-
niederliegenden Gewerbe aufzuhelfen. Er legte „Leinenleggen" an.
In Bielefeld war die Legge am Altstädter Kirchplatz. Hier wurde das
Leinen auf die „Leggebank" (Meßtisch) gelegt, gemessen, geprüft und
gestempelt. Es durste nur gestempelte Leinwand gebleicht und verkauft
werden. Auf diese Weise sollte nur wirklich gute Ware in den Handel
kommen und für den Absatz des bäuerlichen Webers gesorgt werden.
Im 18. Jahrhundert suchte man den Handel auf die in den „accis-
baren Städten" wohnenden Kaufleute zu beschränken. Sie wurden
durch den ergiebigen Handel reich und mächtig. Die meist auf dem
flachen Lande wohnenden Weber aber hatten durch teure Zeiten und
den Siebenjährigen Krieg viel zu leiden. Sie gerieten in Armut und
oft in Abhängigkeit von den Kaufleuten. 1757 plünderten die Fran-
zofen die Bielefelder Bleichen und brachten dadurch den Leinenhandel
dem Untergange nahe. Siehe Seite 139ff. Friedrich der Große befreite
die Leinenkaufleute, Bleichmeister und Knechte vom Kriegsdienste und
suchte durch Verfügungen die Güte des Garns und des Leinens zu heben.
Der Leiuenhandel erholte sich bald wieder, und so sehen wir 1787
14 große Bleichen vor Bielefeld, auf denen mindestens 300 Arbeiter
tätig waren. Während man in der früheren Zeit die Leinwand auf
den holländischen Bleichen bei Haarlem bleichen ließ, wurde jetzt alles
im Lande gebleicht. Damit sparte man jährlich an Bleichlohn und
Unkosten 14 400 Taler. 1787 wurde der Leiuenhandel in Bielefeld
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TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
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und errichteten später in Sizilien und Unteritalien das Normannenreich,
an das uns noch heute manch trotziger Turm an den Gestaden des
Mittelmeers erinnert.
67. Die Franken im Sachsenlande.
arl der Große führte oiele Sachsen nach dem heutigen Belgien
fort und siedelte in nnsrer Gegend Franken aus der Eifel auf
ausgesonderten Gebieten au. Er errichtete fränkische Burgen und
Wachtposten und belegte sie mit fränkischen Kriegern. Der Leichen-
Verbrennung machte er eiu Ende. Seit jener Zeit haben wir bei uns
keine reiu germanische Bevölkerung mit blondem Haar, weißer Haut
und blauen Augen mehr. Heute siud in der Grafschaft Ravensberg von
100 Personen nur 42 blauäugig, blondhaarig und weißhäutig.
s
68. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in sriihfteschichtlicher
Zeit.
ie wir früher gehört haben (S. 104), wohnten vor den Germanen
in unfern Gegenden die Kelten. Als die Germanen das Land
eroberten, setzten sie sich in den Besitz der Höse der gefallenen oder
vertriebenen Edelinge und bildeten den Krieger- oder Herrenstand im
Lande. Die unterworfene, eingesessene Bevölkerung, die friedlicher
Beschäftigung nachging, Vieh züchtete und den Acker bebaute, wurde zu
Abgaben von den Früchten des Feldes und den Tieren ihrer Herden
gezwungen und hatte den Siegern allerhand Dienste zu leisten. Sie
bildete den Stand der Hörigen. Das Herrenvolk der Germanen be-
stand aus gleichberechtigten, freien Männern. Aus den Nachkommen
derer, die sich durch Klugheit und Tapferkeit im Kriege auszeichneten,
erwuchsen uach und nach die Geschlechter der Edelinge oder der Adel.
Neben dem Adel und den Gemeinfreien gab es noch unfreie Knechte.
Es waren Kriegsgefangene, die zu Knechtsdiensten verwendet wurden.
Diese Verhältnisse, die sich bei den nm Christi Geburt hier wohnhaften
Cheruskern schon entwickelt hatten, erhielten sich jahrhundertelang und
bestanden auch uoch bei den Sachsen, als Karl der Große sie mit Krieg
überzog.
&
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Karl
Extrahierte Ortsnamen: Sizilien Unteritalien Sachsenlande Sachsen Belgien Christi Sachsen
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Pforte und auf der Südseite in der Nähe von Starkes Mühle gegen
die Neustadt hin das Brocktor, das man in späterer Zeit das Brücken-
tor nannte.
76. „Stadtluft macht frei."
^Wku die junge Stadt strömten von allen Seiten Einwandrer.
Gmv Herrschten draußen ans dem flachen Lande Hörigkeit, drückende
Lasten und Unsicherheit, so war es in der Stadt ganz anders. Was
winkte dort nicht alles! Da war Freiheit, Sicherheit und Schutz des
Stadtfriedens, Stadtgericht und Teilnahme jedes Bürgers oder des
Bürgerausschusses am Gericht! So war es nicht zu verwundern, daß
ganze Scharen höriger Leute einwanderten; denn „Stadtluft macht
frei!" Sie wurden von der Stadt bereitwillig aufgenommen und er-
hielten uach Jahr und Tag die Freiheit, wenn sie nicht von ihrem Herrn
in dieser Zeit zurückgefordert wurden. Weil die Stadt darauf be-
dacht war, möglichst viel Einwohner zu erhalten, trat sie für die
eingewanderten Hörigen ein und suchte sie in ihrem Bestreben nach
Freiheit zu unterstützen, so daß sogar blutige Streitigkeiten die Folge
waren. „Stauden doch einstweilen die einwandernden Hörigen unter
dem Schutze des Stadtfriedens und wurden von den Bürgern selbst
vor Gewalt geschützt. Die nachfolgenden Herren mußten daher ihr
Recht bei Gericht und zwar beim Stadtgericht geltend machen, und
meistenteils mit zwei bis sieben ihrer Verwandten beweisen." Die
Einwandrer bekamen in der Stadt eine Stätte, aus der sie ihre
Wohnung errichten konnten. Dafür hatten sie an den Stadtherrn,
den Grafen vou Ravensberg, eine jährliche Abgabe, das Wort-
g e l d, zu zahlen. Außer Haus und Hof in der Stadt bekam der
Bürger als Sondereigentum ein Stück der geteilten Feldmark und
das Recht der Mitbenutzung der gemeinen Mark. Jeder Bürger
durfte seiue Kühe auf die Gemeindeweide, seine Schweine in die
Gemeindewaldungen treiben und hatte ein Mitanrecht auf das Holz
der Gemeindewälder. Das vor den Toren gelegene Stadtgebiet war
durch Hecken und aufgeworfene Gräben, sogenannte Landwehren, von
dem flachen Lande getrennt.
77. Die Entstehung der Neustadt-Bielefeld
Mdls durch die schnelle Ansiedlnug iu der Stadt alles Laud auf-
geteilt war, fanden neue Einwandrer keinen Raum mehr für
einen eignen „Rauch". Sie wurden darum vor der Stadt, jenseit
des Niedernbrock nach dem Sparenberge zu, augesiedelt. Hier lagen
wahrscheinlich schon in alter Zeit einige Höfe. Sie werden jedenfalls
8*
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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die Anknüpfungspunkte der neuen Siedelnng gewesen sein. Im Laufe des
13. Jahrhunderts haben sich hier dann soviele Leute angesiedelt, daß
wir schon am Ende des Jahrhunderts von einer neuen Stadt, der
N e u st a d t, reden hören.
Sie entstand zwischen dem Bohnenbach und dem Sparenbergc
und war zuerst mit der Altstadt Bielefeld kirchlich und politisch ver-
einigt. Sie trennte sich vielleicht schon 1278 als besondres Kirch-
spiel von der Altstädter Gemeinde. Im Jahre 1292 stiftete Otto Iii.
die Kapitelkirche von St. Marien, die heutige Neustädter Kirche, und
stattete sie reich mit Vorrechten und Schenkungen aus. Noch 1236
besaß die Altstadt nur eine Kapelle, die St. Nikolauskapelle au der
Niedernstraße, die nicht einmal einen eignen Priester hatte. Die
Kirche zuheepeuwar diemutterkirche und vou hier kam auch der Priester,
um in ihr Gottesdienst zu halten. Erst 1236 wurde sie von Heepen
abgelöst. Im Heepener Kirchenbuch heißt es: „Anno 1236 is de
Kiärke sünte Nicolaus up der Oldenstadt Bilvelde affgesünnert
von der Kerken tho Heepen met Vulborde des Hochwürdigen
in Godt ]iiscop Bernhard tho Paderbornem." Als Entschädigung
hatte jede Familie Bielefelds dem Leutepriester von Heepen sovü'l
Pfennige zu geben als sie Mitglieder hatte. Wenn noch nicht 60 Jahre
später die Neustadt eine eigne Kirche besaß, so ist daraus zu erkennen,
wie schuell sie gewachsen sein muß. Am Anfang des 14. Jahrhuuderts
wurde sie auch politisch selbständig. Seit 1329 hatte sie einen eignen
Bürgermeister, einen eignen Richter und Rat. Die Verfassung und
Verwaltuug der Neustadt stimmten mit denen der Altstadt überein. Auch
sie wurde, wie die ältere Schwesterstadt, befestigt. Nur nach dem
Sparenberge zu fehlten Wall und Graben. Hier schloß eine Mauer
ihr Gebiet ein. Erst 1520 wurden Altstadt und Neustadt wieder ver-
einigt und e i n Rat und e i n Bürgermeister für beide Städte ein-
gesetzt. Herzog Johann 1. bestätigte die Neuregelung.
@
78. Die Bürgerschaft Bielefelds
ie Alteingesessenen Bielefelds trieben Ackerbau und Viehzucht.
Ihre Vorfahren hatten fchon als Freie oder Hörige in den
Dorfmarkgenossenschaften derselben Beschäftigung obgelegen. Wer von
ihnen im Besitz einer eignen Feuerstätte war, d. h. wer Haus und
Hof in der Stadt besaß und daselbst wohnte, der war vollberechtigter
Bürger. Außer ihnen waren auch alle Eiugewauderteu, die Haus
und Hos erworben hatten, im Besitz des Bürgerrechts. Frauen und
unverheiratete Kinder aber erhielten das Bürgerrecht nicht. Zu
den Bürgern der Stadt gehörten auch Burgmauueu und Diener des
Grafen, die ihren Herrn zu Pferde in Kampf und Streit begleiten
mußten. Sie wvhnten in großen, oft von Mauern umgebenen Höseu,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Personennamen: Otto Nicolaus Bernhard Johann Johann
— 141 —
kam der nördliche Teil Ravensbergs zu Frankreich, so daß Halle,
Werther, Versmold, Borgholzhausen französisch wurden, Bielefeld,
Brackwede, Heepen, Herford und Vlotho bei dem Königreich Westfalen
blieben. Hessel, Johannisbach, Aa, Werra und Weser bildeten die
Grenze.
Die Verwaltung wurde nach französischem Muster eingeführt.
Auch das Gerichtswesen wurde neu geordnet. Als Gesetzbuch galt der
Code Napoleon. Zu Verwaltungsbeamten und Richtern nahm man
Deutsche. Die Leibeigenschaft der Bauern wurde aufgehoben. Große
Unzufriedenheit und Erbitterung erregten die vielfachen Abgaben, die
der verschwenderische Jerome verlangte. Dazu kamen noch die Geld-
forderungen Napoleons. Das Königreich Westfalen sank in große
Schuldenlast, und der Wohlstand seiner Bewohner wurde untergraben.
Noch verhaßter als die hohen Steuern und Abgaben waren bei den
Bewohnern die Aushebungen zum Kriegsdienst. Mancher junge Mann
aus Bielefeld, der unter Napoleons Fahnen im fernen Spanien oder
Rußland kämpfen mußte, kehrte nicht wieder in seine Heimat zurück.
Da war es begreiflich, daß man sich der Aushebung zu entziehen suchte.
Einmal rotteten sich die Bauern in den umliegenden Dörfern zu-
sammeu, um sich dem Befehle Napoleons zu widerfetzen. Am Sonn-
tage vor den Fasten 1898 hatte die Polizei den Auftrag erhalten, alle
waffenfähigen Männer nach dem Gottesdienst vor der Kirche anfzn-
greifen. Es kam zu einer Schlägerei, und die Polizei mußte sich
zurückziehen. Als nun in Schildefche, in Dornberg und Werther die
jungen Leute in den Häusern sestgenommen werden sollten, bewaffneten
sich die Bauern mit Dreschflegeln, Senfen und Heugabeln und zogen
vor Bielefeld. Auf die Kunde vom Herannahen des Militärs ent-
fernten sie sich und rotteten sich wieder bei Werther zusammen. Hier
wurden sie von Ulanen zerstreut und die Dienstpflichtigen mit Gewalt
eingezogen.
Vor Weihnachten 1808 setzten sich Ravensberger Bauern aus
Heepen mit Blücher und dem Major Schill in Verbindung, um vou
ihnen zu erfahren, wann man ans eine Befreiung vom französischen
Joche rechnen könne. Von Schill bekamen sie die Nachricht, daß man
im Frühjahr 1809, wenn die Flüsse aufgetaut seien, losschlagen würde;
auch gab er ihrem Boten mehrere Briefe mit. Auf der Heimreise wurde
der Bote aber an der Elbe verhaftet und zu einem Geständnis gebracht.
Vielleicht wurde Schill durch diese Entdeckung mit bewogen, Berlin zu
verlassen und auf eigene Faust seiue vollständig gescheiterte Erhebung,
bei der er seinen Tod fand, zu wagen. Als man in Kassel die Sache
erfuhr, wurde eine strenge Untersuchung veranstaltet und 32 Land-
leute aus Bielefelds Umgegeud verhaftet. Obgleich man ihnen nichts
beweisen konnte, hielt man sie längere Zeit in Haft.
Auch in der Schillschen Schar waren Offiziere und Mannschaften
aus der Grafschaft Ravensberg. Die gefangen genommenen Ravens-
berger wurden von den Franzosen erschossen.
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Extrahierte Personennamen: Hessel Napoleon Napoleons Napoleons Napoleons Ravensberger
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Borgholzhausen Bielefeld Brackwede Herford Vlotho Westfalen Johannisbach Westfalen Bielefeld Spanien Schildefche Dornberg Bielefeld Berlin Kassel Bielefelds
— 27 —
nahmen in die Bücher oder müssen Geschäftsbriefe und Adressen
schreiben. Die Lehrlinge bringen die Briefe zur Post, die Packer packen
die Pakete und der Fuhrmann fährt sie zur Post oder zur Bahn.
Vergleicht eine Fabrik mit einer Werkstätte! Wie sieht es
mittags vor dem Fabriktore aus? Wie am Feierabend?
m
17 Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
Die Familienwirtschast oder die geschlossene Hauswirtschaft.
n der alten Zeit waren alle wirtschaftlichen Verhältnisse unendlich
einfacher als heute. Da war jede Familie aus sich selbst gestellt.
Es war die Zeit der Familienwirtschaft oder der geschlossenen Hans-
Wirtschaft. In ihr war jeder Tausch oder Kauf ursprünglich unbekannt.
Alles, was im Haushalte gebraucht wurde, mußte iu der eignen
Familie hergestellt werden. Eine solche Wirtschaft war abhängig von
dem Boden, über den sie verfügte. Auch war die Familie größer als
heute. Es gehörten zu ihr mehrere Geschlechter blutsverwandter Per-
sonen, die oft noch durch Sklaven und Hörige vermehrt wurden. Ge-
meinfchaftlich bebauten sie den Acker, schössen das Wild des Waldes und
Feldes, singen Fische, hielten Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und
Schweine und trieben Bienenzucht. Alle Bekleidungsgegenstände,
Haus- und Wirtschaftsgeräte wurden im Hause verfertigt. Jeder
Bauer war sein eigner Maurer, Tischler, Zimmerer, Stellmacher,
Spinner, Weber, Schneider usw. Bis auf den heutigen Tag haben sich
in abgelegeneren ländlichen Gegenden Überreste der alten geschlossenen
Hauswirtschaft erhalten. Noch jetzt finden wir dort Bauern, die ihre
eignen Maurer, Tischler, Zimmerleute, Holzschuhmacher und oft auch
Schmiede siud. In dieser Zeit gab es noch keinen eignen Handwerker-
stand, keiueu Preis und keinen Arbeitslohn.
Die Stadtwirtschaft.
Ganz allmählich trat eine Wandlung ein. Auf den Höfen großer
Grundbesitzer wurde mehr erzeugt als verbraucht werden konnte. In
den entstehenden Städten und oft auch auf dem Laude aber reichte
der Grundbesitz der einzelnen Familie nicht mehr aus, alle Lebens-
bedürsnisse derselben hervorzubringen. Damit ging die ursprüngliche
Selbständigkeit der Einzelwirtschaft verloren. Nach der Stadt brachte
der Bauer den Überfluß seiner Wirtschaftserzeugnisse und tauschte ihn
dort gegen das ein, was er nicht mehr selbst erzeugen konnte. Das
Handwerk entwickelte sich mehr und mehr, und die Stadt wurde der Sitz
der Gewerbe und der Märkte. An die Stelle der geschlossenen Hans-
Wirtschaft trat die Austauschwi.rtschast, die ihren Hauptsitz iu der Stadt
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69, Die srühzeitlichen wirtschaftlichen Verhältnisse.
M11 den ältesten Zeiten waren die Germanen Hirten. Mit ihren
Herden zogen sie von einem Weideplatz zum andern. Der ein-
zelne Germane hatte kein andres Eigentum als sein Vieh, seine Waffen
und die Habe, die er iu seinem Wagen mitführte. Nur dies und oie
„Gerade", die besonderen Ausstattungsgegenstände der Frau, wurden
oererbt. Das Weideland dagegen gehörte der gesamten Völkerschaft.
Als die Kopfzahl wuchs, zwang die eintretende Weidenot die Germanen
zum Anbau des Landes und damit zur Ansiedelung. Sie wurden
seßhaft und^siedelten sich in größeren Familienoerbänden, in Sippen,
an. Jede ^?ippe bearbeitete ursprünglich gemeinschaftlich ihre Siede-
luugsstätte, d. h. gemeinsam rodete sie den Wald und bebaute das
Feld. Der Ertrag der Erute wurde unter die einzelnen Familien
oerteilt. So bildete die Sippe eine Wirtschastsgemeiude oder eine
M a r k g e n o s s e n s ch a s t. Die vielen Reibereien und Streitig-
leiten, die aus der gemeinschaftlichen Arbeitsweise entstanden, führten
zur Verteilung des Landes. Jeder Krieger bekam eine Hofstelle nud
das Anrecht auf eine bestimmte Strecke Land. Beides bildete die
germanische Hufe. Bis um das Jahr 600 waren die Hnfe
Eigentum der Genossenschaft. Jetzt erst bildete sich das Sondereigen-
tum heraus. Wald, Heide und See der Markgenossenschaft war allen
Markgenossen gemein. In ihnen durften sie jagen, Holz schlagen, das
Vieh weiden und sischen. Auch durste jeder iu dem unbebauten Wald-
besitze roden.
Der Übergang der Hufe in den Besitz des einzelnen Freien und
das Recht der freien Rodung in der „gemeinsamen Mark" führte eine
große Verschiedenheit im Gruudbesitz herbei. Durch Teilung der Hufe
unter mehrere Söhne entstanden kleinere Höfe und ärmere Bauern.
Fleißige und tüchtige Leute aber verstanden es, durch Roden ihren
Besitz bedeutend zu oergrößern. So wurden die alten, einheitlichen
Verhältnisse in den Mark- oder Dorsgenossenschasten aufgehoben. Es
bildete sich ein bedeutender Gruudbesitz neben den altgermanischen
freien und den ärmeren Bauern. Der reiche Grundbesitzer gewann
Ansehen, Macht und Rechte. Weil er seinen ganzen Besitz nicht selbst
bearbeiten konnte, gab er kleinere Teile zur Bewirtschaftung an hörige
Leute aus, die dafür Zius zahlen und Dienste leisten mußten. Je
größer der Gruudbesitz eines Mannes, je zahlreicher die Schar seiner
hörigen Leute war, desto mehr wuchs sein Bestreben, seine Macht zu
mehren. Auf dieser Grundlage erwuchsen nach und nach durch Ge-
wiuuuug des Rechts der Gerichtsbarkeit und der Heerführnng, d. h. der
Grafenrechte, selbständige Landesherren.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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— 112 —
hundert tritt ihr Name zum erstenmal auf, und um 1200 war Graf
Hermann von Ravensberg Herr der Grafschaft. Er war vom Bischof
von Paderborn mit dem Paderborner Besitz in Bielefeld belehnt
worden. Durch ihn wurde Bielefeld zur Stadt erhoben, d. h. der
offene Ort wurde befestigt. Wann das geschah, ist nicht bekannt, wahr-
scheinlich aber in der Zeit von 1210 bis 1214. Was für Beweggründe
den Grafen Hermann bestimmten, Bielefeld zur Stadt zu 'machen,
wissen wir ebenfalls nicht. Er fetzte, wie sein Nachkomme, Gras Otto
von Ravensberg, es in einer Urkunde vom Jahre 1287 bestätigte, die
Stadt Bielefeld in Freiheit. Diese Freiheit aber war für das 'Wachs-
tum des Ortes von der größten Bedeutung. Sie bedeutete die persön-
liche Freiheit aller Stadtbewohner, sie gab ihnen das Recht der freien
Verehelichung und der Freizügigkeit. Die Befreiung von der Hörig-
keit hob aber die Abgaben und Leistungen an den Grundherrn nicht
ans. Es leisteten also die srüher im Hörigkeitsverhältnisse gestandenen
Bürger ihre Abgaben auch fernerhin an ihren früheren Herrn, z. B. an
den Grafen von Ravensberg, die Abtei zu Herford oder die Klöster
zu Marienfeld und Clarholz.
0
74. Bielefeld erhielt das Mnnstersche Stadtrecht.
it der Befreiung von der Hörigkeit erhielten die Bürger Viele-
felds gleichzeitig das Stadtrecht von Münster. Es enthielt
Vorschriften über die Aufnahme neuer Bürger und bestimmte, üaß
kein Unfreier iu die Bürgerschaft gegen den Willen seines Herrn auf-
genommen werden dürfe. Wohnte aber ein Eigenhöriger Jahr und
Tag iu der Stadt, ohne von seinem Herrn zurückgefordert zu sein, dann
war er frei geworden. Außerdem enthält das Stadtrecht noch Be-
stimmuugen über die Gütergemeinschaft in der Ehe und über das Erb-
recht. Es setzte die Strafen sür Bergehen und Verbrechen aller Art
fest und bestimmte, daß die Einnahmen des Gerichts zur Hälfte dem
Richter und zur Hälfte der Stadt zufallen sollten.
Mit dem Stadtrecht erwarben die Bürger das Recht, einen
st ä d t i s ch e n M a g i st r a t zu wählen. Er bestand aus 12 Männern,
die zuerst mit dem Namen Schössen bezeichnet wurdeu. Späier
nannte man sie auch Ratmannen. Die Körperschaft der Ratmannen
beriet über das Wohl und Wehe der Vaterstadt. Sie ist keine Neu-
erscheinuug, sondern schon in der Dorfmarkgenossenschaft treten uns die
Schöffen entgegen. Sie übernabmen die Verwaltung der Stadt und
sprachen Recht. Es entstand ein Stadtgericht, dem alle Bürger
unterworfen waren, sie mochten „innerhalb oder außerhalb der adeligen
Höfe und Häuser" wohnen. Welche Bedeutung das Stadtgericht schon
bald erlangte, ersehen wir aus der Urkunde des Grafen von Ravens-
berg vom Jahre 1287, in der es heißt: „Sollte irgend jemand von
den Bürgern sich gegen uns oder unsre Erben ein Vergehen zu Schulden
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann_von_Ravensberg Hermann Otto
von_Ravensberg Otto
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wie wir sie noch heute in nnsrer Stadt finden. Noch jetzt erinnert
die Ritterstraße an jene adligen Diener des Grafen, und die Eintracht
und die Besitzung des Spediteurs Heller, Ritterstraße 47, sind alte
adlige Hofe. An der Kreuzstraße fiudeu wir noch den Hof der Frei-
Herrn von Spiegel, der im Besitz der Familie Wessel ist (s. Seite 44,
1. Teil), den Hof derer von Busche, frühere 1. Mädchen-Bürgerschule,
den von Closterschen Hof (Kreuzstraße 26) und den Alemanschen Hof,
die Besitzung des Arbeiter-Bildungsvereins,
Außer auderu fiudeu wir in der Hagenbrnchstraße, der Obern-
straße und der Breiten Straße noch alte Ritterhäuser und adlige Hose.
Drittens gab es in Bielefeld noch solche Einwohner, die keinen
Grundbesitz nebst Markbenutzuug besaßen. Sie hatten sich auf dem
Grund und Boden andrer Bürger angesiedelt und wurden dadurch
deren Schutzhörige oder Hintersassen. Als Hintersassen oder Schutz-
hörige eines Bürgers oder der Gemeinde selbst haben sie zur Stadt-
gemeiude, weun auch nur mittelbar, gehört. „Allmählich schwand aber,
wie jede Spur eines Hörigkeitsverhältnisses in der Stadt, so auch dies
ursprüngliche Schutzverhältnis, und sie wurden unmittelbare Ange-
hörige der Gemeinde, im weiteren Sinne des Wortes selbst Gemeinde-
glieder. Man nannte sie dann, um sie von den eigentlichen Bürgern zu
unterscheiden, Beisassen oder Schutzverwandte oder Einwohne r."
Sie besaßen kein volles Bürgerrecht, konnten nicht gewählt werden
und dursten uicht wählen, waren aber auch weder dienst- noch stener-
pflichtig.
K
79. Die Beschiiftiglmgszweige der Bürger.
igddie Hauptbeschäftigung der Bürger war, wie es noch heute in
kleinen Ackerstädten der Fall ist, Ackerbau und Viehzucht. Jeder
vollberechtigte Bürger bebaute seinen Acker in der Feldmark und trieb
sein Vieh aus die gemeinschaftliche Weide. Allmählich aber veränderten
sich die Verhältnisse. Die gemeine Mark wurde uach und uach an die
Bürger verteilt, da man fand, „daß sie sich bei der Nähe der reich
gewordenen Stadt besser als zur Viehzucht verwenden ließe." Da-
durch wurde die Viehzucht zum Teil unterbunden, da eine Stall-
fütteruug wie in der heutigen Zeit nicht bestand. So schwand denn
auch die Feldwirtschaft mehr und mehr, und Gärten entstanden vor
den Toren, wo früher die Felder sich erstreckten.
Die Einwohner Bieleselds, die nicht im Besitz von Grund
und Boden waren, konnten keinen Ackerbau treiben. Der sich ent-
wickelnde Marktverkehr, der sie angelockt hatte, bot ihnen reichlich Ge-
legenheit zu andrer Beschäftigung. Sie wandten sich denn auch dem
Haudel und dem entstehenden Handwerk zu. „So wurde die Stadt
mehr und mehr Sitz des Gewerbewesens und des damit verbundeneu
Geldvermögens. Handel und Wandel ward zu städtischer Nahrung,
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83. Das Franziskanerkloster.
oit der Obernstraße führt über den kleinen, von Linden be-
standenen Platz an der katholischen Kirche unter einem Bogen
hindurch der Weg nach dein Klosterplatz. Die heutige katholische Kirche
war bis zum Jahre 1829 eine Klosterkirche, und am Klosterplatz lagen
die Klostergebäude, von denen heute noch einige erhalten sind. Über
300 Jahre" haben hier fleißige Franziskanermönche gewohnt. Ur-
sprünglich befand sich ein kleines Kloster auf dem Jostberge, in dem
seit 1353 von Augustinermönchen Gottesdienst gehalten wurde. Int
Laufe des 15. Jahrhunderts verließen sie das Kloster, und bald darauf
siedelten sich Franziskaner dort an. Sie erhielten ein neues Heim mit
einem Kirchlein im schattigen Hochwalde des Jostberges. 1502 bezogen
sie es. Aber den Mönchen behagte es dort oben nicht; denn im
Sommer fehlte das Wasser, und im Winter litten sie unter der Kälte.
Sie sehnten sich in die Stadt. Der Freiherr v. Mendt auf Holtfeld
schenkte ihnen die Hälfte feines Hofes int Hagenbruch und auch die
Herren von Quernheim gaben ihnen Grund und Boden. Schnell
wuchsen die Klostergebäude empor, und im Jahre 1511 zogen die
Mönche ein. Sie gehörten zu den Observauten, einem Zweige des
Franziskanerordens, und danach wurde ihre Kirche auch Obfervanten-
kirche genannt. Es wohnten ungefähr 30 Mönche in dem Kloster.
Kloster und Mönche durften kein Eigentum habeu, und so mußten sich
die Mönche durch ihrer Hände Arbeit oder den Bettel ernähren. 1829
wurde das Kloster unter dem Oberpräsidenten Freiherrn v. Vincke
aufgelöst. Die Mönche verließen Bielefeld und fnchten in andren
Klöstern Unterkunft. Viele angesehene Familien und Mönche wurden
in der Klosterkirche beigesetzt. Später begrub mau die Mönche ans
dem kleinen schattigen Platze vor der Kirche an der Obernstraße.
84. Die Inden in Bielefeld.
^^Wchon in früher Zeit siedelten sich Inden in Bielefeld an. 1370
erhielten sie vom Herzog Wilhelm von Jülich einen Schutzbrief,
in dem ihnen Schutz des Lebens und Sicherheit des Eigentums ver-
bürgt wurde.
Die Juden durften keinen Grundbesitz erwerben, kamen also auch
uicht in Besitz des vollen Bürgerrechts. Sie standen nicht wie die
Einwohner unter dem Stadtfrieden, fondern unter dem unmittel-
baren Schutz des Landesherrn, für den sie jährlich ein bestimmtes
Schutzgeld au den Grafen von Ravensberg zahlen mußten. Sie trieben
Handel und Geldgeschäfte. Weil die Kirche den Geldhandel den
Christen untersagte und die Juden hohe Zinsen nehmen dursten, er-
warben sie bald große Reichtümer. Wie bedeutend ihr Gewinn war,
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Extrahierte Personennamen: Mendt Wilhelm_von_Jülich Wilhelm